"...und dein Bauch wird rund..."
Bei dieser Zeile aus Seeeds "Augenbling" muss ich immer ein wenig in mich hineinlaecheln. Dass Maenner einfach so davon singen, dass ihre Freundin schwanger wird. Und das auch noch gut finden. So von sich aus. Ist ja unglaublich und toll.
Und dann werde ich nachdenklich und frage mich, was mich eigentlich so merkwuerdig sozialisiert hat.

Ich habe naemlich im Hinterkopf immer noch so den Gedanken, dass das schlimmste, was beim Sex passieren kann, ist, dass das Maedchen schwanger wird. Ich hatte nie einen Freund, der auch nur ansatzweise Bock auf Kinder gehabt haette (ok, asser einem, dem allerersten richtigen, aber da war ich 17 und fand die Vorstellung selbst voellig absurd).

Selbst der Papagrieche, der ein toller Papa ist und sich mit mir total auf den halben Griechen gefreut hat, waere von sich aus definitiv nicht in die Offensive gegangen, noch ein Kind (er hatte ja schon ne grosse Tochter als wir uns kennenlernten) in die Welt zu setzen.
Und irgendwie fand ich das aber auch voellig normal - Maenner wollen halt keine Kinder, so das Klischee in meinem Hinterkopf.

Da sind auch noch andere Klischees, zB. was das grundsaetzliche Zusammenleben Mann/Frau angeht. Obwohl mir meine Eltern Gleichberechtigung vorgelebt haben, diese prinzipiell bei uns auch herrscht und ich es sehr schoen fand, wenn der Papagrieche damals mit dem Kinderwagen durch die Gegend schob: Ich waere trotzdem auch gerne Hausfrau und koennte Amok gegen fanatische Feministinnen laufen, die der Meinung sind, Frauen muessen sich unbedingt alle selbt verwirklichen, und zwar zwingend abseits von daheim.

Und obwohl ich kaputte Lampen reparieren, Bohrmaschinen bedieden und ein Auto zum Tuev bringen kann, ist das bei uns hauptsaechlich Maenneraufgabe. So wie meine Aufgabe, an Geburtstage zu denken und ggf. Geschenke zu besorgen, das Kind anzuziehen und die Waesche zu waschen. Ausnahmen bestaetigen natuerlich die Regel.

Und obwohl ich es vom Verstand her klasse finde, sagt mein Bauch "sieht aber doof aus, 'Richtige Maenner' machen so was nicht...", wenn ich Maenner mit Kinderwagen oder gar Tragetuechern herumlaufen sehe.

Wahrscheinlich habe ich meine Jugend einfach inmitten zu vieler kleiner Machos verbracht.

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cassandra_mmviii, Mittwoch, 12. Dezember 2012, 15:10
"Ich waere trotzdem auch gerne Hausfrau und koennte Amok gegen fanatische Feministinnen laufen, die der Meinung sind, Frauen muessen sich unbedingt alle selbt verwirklichen, und zwar zwingend abseits von daheim."

Ob sich mein geliebter Gatte grad selber verwirklicht, bezweifeln sowohl er als ich. Grundsätzlich mag er seinen Job und könnte sich nicht vorstellen, hier zu übernehmen, aber als Selbstverwirklichung kann man Lohnarbeit echt nicht immer betrachten.


"Und obwohl ich kaputte Lampen reparieren, Bohrmaschinen bedieden und ein Auto zum Tuev bringen kann, ist das bei uns hauptsaechlich Maenneraufgabe."

Und obwohl wir hier ja das klassische Modell haben und gut damit fahren:
Ich repariere hier die Lampen, sonst säßen wir im Dunkeln. Ist bei Licht (harharhar....) betrachtet ja Teil der Hausarbeit.
Ich bin auch Bohrmaschinenbesitzerin, Auto haben wir keins, aber da würde ich wahrscheinlich auch mehr dran machen als Tigergatte.

Tigergatte wickelt und wenn er mal dazu kommt, schiebt er auch Kinderwagen. Das mit dem Tragetuch und Männerhüften sitzt bei und einfach nicht richtig, Grüße von der Anatomie.

Gleichberechtigung kommt meiner Meinung nach nicht davon, daß alle das gleiche machen, sondern das man mit der Aufteilung gut leben kann und sich nicht über den Tisch gezogen fühlt.
Lösungen wie die Abwasch-Strichliste sind nur dann eine Lösung, wenn man bereit ist, über das Grundsatzproblem, nämlich "ich denke, du machst zu wenig", zu reden.
Ich würde mich nie als ungleichberechtigt bezeichnen weil ich es nicht bin. Meine Gleichheit hängt nämlich nicht am Gehalts-Scheck.
Ich hatte im Geburtsvorbereitungskurs Paare (verheiratet), die sich Gedanken machten, wie das sein würde wenn sie aufhörte zu arbeiten, dann hat sie nämlich kein eigenes Geld mehr und muß immer fragen, ob sie Geld haben darf, um sich Klamotten oder in der Stadt einen Cappucchino zu kaufen. Das haben wir nie gemacht, unser Konto war unser Konto, auch wenn ich eins auf meinen Namen habe (auch als "kleines Konto" oder "Haushaltsgeld" bezeichnet). Wenn ich in der Stadt 'ne Latte will, kaufe ich mir die.
Ich schlug damals vor, man könnte ja vielleicht das Kindergeld auf das eigene Konto überweisen lassen, dann hat man "Taschengeld" und 150 Tacken (damals) sind 'ne Menge Geld wenn es um Latte Macchiato geht. Nee, das ging auch nicht, das war ja für's Kind.
Solche Beziehungen haben wahrscheinlich ein ganz anderes Problem als Kohle: die Frage, ob man ein Team ist oder alleine zu zweit. Spätestens wenn man ein Kind bekommt, ist es Zeit, als Team zu denken. Das heißt für Männer aber oft, daß sie ihre "Freiheit" aufgeben müssen und das klingt zu hart.


Tigergatte war es übrigens, der ein paar Tage nach Weihnachten 2003 die magischen Worte "Du bist schwanger!" sprach.

Viele Schul- und Studienfreundinnen wußten, daß ihre Partner auf gar keinen Fall zu Kindern bereit waren.

Die Angst vor dem Nachwuchs scheint bei Männern wirklich tief zu sitzen.

Woher der Gedanke kommt, daß das allerschlimmste, was beim Sex passieren kann, eine Schwangerschaft ist... das stand im schulischen Aufklärungsunterricht ja immer als Horrorszenario im Raum.
In der Oberstufe hatten wir eine Mitschülerin, die Mutter war, hatte halt 2 Jahre Pause gemacht und war nun wieder dabei, halbwegs entspannt.
Das trug wahrscheinlich auch zu meiner relaxten Haltung bei der Überraschungs-Schwangerschaft bei. Für meine Mutter ging die Welt unter, und zwar ihre. "wirfst dein Leben weg", "verbau dir doch nicht dein Leben"... ich habe eine Woche am Telefon verbracht, Muttern beruhigen (war sinnfrei, klappte eh nicht).
Leben verändert sich mit Kind(ern), aber es ist nicht zu Ende. Irgendwie läßt es einem die eigene Mutter in einem seltasmen Licht ersscheinen wenn sie Kinder kriegen als biographischen GAU betrachtet.

Tigergatte erwähnte übrigens beim Frühstück am Wochenende, daß man mal sehen müsse, ob man so in 6 Jahren, wenn der neueste Nachwuchs anfängt, pflegeleicht zu werden, nicht noch adoptieren sollte. Das hätte er (2 Adoptivgeschwister) schon immer gewollt und wir würden eh in keine Standard-Wohnung mehr passen, da könnte man beim irgendwann fälligen Umzug ja Nägel mit Köpfen machen und das zusätzliche Zimmer gleich mit einplanen, mehr Umzüge als unbedingt nötig hält er nömlich nicht aus (sagt er).