Wie der halbe Grieche zur Welt kam
Nach meiner komplett unkomplizierten Schwangerschaft, nur getruebt von anhaltendem Sodbrennen, unerwarteterweise komplett streifenfrei ueberstanden, hatte ich eigentlich mit einer ebenso unkomplizierten Geburt gerechnet, welche ich im Geburtshaus Schoeneberg erleben wollte.
Okay, es wuerde weh tun, und es wuerde, wegen einem nach Konisation etwas vernarbten Muttermund, etwas laenger dauern in der Eroeffnungsphase.
Aber, hey - mehr als 24 Stunden Schmerzen wuerden es auf jeden Fall nicht sein, und das sollte doch machbar sein.

Leider kam dann doch alles etwas anders. Erstmal liess der Kleine auf sich warten. Noch bei ET+10 war der Muttermund pickepacke dicht, keinerlei Anzeichen fuer baldige Geburt. Meine Hebamme war fest davon ueberzeugt, dass ein Berechnungsfehler fuer den Termin vorlag. Aber der war nach Ultraschall bestimmt und eher schon zu spaet als zu frueh (und wie sich hinterher herausstellte, auch korrekt - ich habe laut Reifezeichen am Kind letztendlich tatsaechlich 2 volle Wochen uebertragen).
Wie auch immer, jetzt gab es taeglich CTG und Muttermundmassage, dazu Cimicifuga-Globuli. Zusaetzlich zuhause literweise Himbeerblaetter- und Yogitee und mit Bewegung hab ich auch nicht gespart, sondern noch bis zum ET Taiko getrommelt.
Half aber nix.

War mir dann irgendwann auch ganz recht, wenn es Nico naemlich bis zum 14. Februar aushalten wuerde, wuerde er nach chinesischem Horoskop ein Tiger sein und kein Bueffel mehr.

Dann, am Montag, dem 15. Februar, ET+13, beschloss Gudrun, meine Hebamme, nun mal Naegel mit Koepfen zu machen. Das hiess, 3x an diesem Tag Muttermundmassage, massig homoeopathische Wehenfoerderer und stundenlange CTGs. Zwischendurch waren wir noch mit Gudrun Currywurst essen, ich hatte schon leichte Wehen immer mal, dachte mir aber, das sind bestimmt immer noch so Vorwehen, es geht bestimmt noch nicht los. Bis halb 10 abends waren wir dann noch im Geburtshaus und sind dann nach Hause. Und wie ich dann dort so vor der Glotze sitze, merke ich, dass die Kontraktionen doch oefter kommen. Und staerker werden. So, dass ich sie nur angelehnt im Stehen ertragen kann. Und laut Uhr dann auch alle 3 Minuten. Einfach so, aus heiterem Himmel.
Da waren wir aber grad ne Stunde aus dem Geburtshaus weg, und da ich immer noch nicht daran glaubte, dass jetzt wirklich was passiert (die Wehen wuerden bestimmt gleich wieder weggehen), und es mir zu peinlich war, jetzt gleich schon Gudrun anzurufen, tat ich erstmal nichts.

Mein Liebster ueberredete mich dann, dort doch mal anzurufen und wenigten nachzufragen, was zu tun sei.
Antwort: Wir treffen uns in ner dreiviertel Stunde im Geburtshaus.
Na gut. Dort angekommen nochmal CTG, nochmal Muttermundmassage (schon ein wenig weicher, aber immer noch zu) und die Aussage: Wir kriegen das Baby heute Nacht. Nach kurzer Zeit traf dann auch noch Maria, die zweite Hebamme ein, und das grosse warten begann.

Die naechsten Stunden verbrachte ich dann damit, durch das Geburtshaus zu tigern und die Wehen zu veratmen. Im liegen oder sitzen fand ich das ganze zu unangenehm. Mein Liebster schaffte es sogar noch, sich fuer ein Stuendchen hinzulegen ^^

Zwischendurch immer mal wieder Muttermundmassage und Globuli, der Versuch, mit einem Microklist irgendwie weiterzukommen, und grosse Kotzerei meinerseits (zur Begeisterung der Hebammen: Den meisten Frauen wird bei Muttermund 3-5cm schlecht, meinten sie ;).
Es tat sich leider nicht wirklich etwas am Muttermund, es blieb bei ca 4cm haengen. Das bloede Narbengewebe gab nicht nach. Und langsam wurde ich muede vom Stehen und Herumlaufen die ganze Zeit, mittlerweile war es ja auch 4 oder 5 Uhr in der Fruehe.

Irgendwann nahm ich dann den Vorschlag mit der Badewanne an. Das war wirklich aeusserst angenehm, in dem Wasser rumzuduempeln. Nur leider wurden die Wehen dabei schwaecher und ich wollte ja auch irgendwann mal fertig werden mit dieser Geburt. Aber zumindest konnte ich mich im Wasser von der Weherei ein bisschen ausruhen. Inzwischen hatte Dimitri Fruehstueck fuer alle geholt, es war wohl so gegen 6 oder 7, mir war aber ueberhaupt nicht nach essen, so langsam wurden die Schmerzen waehrend der Wehen naemlich wirklich schlimm und waehrend der Muttermundmassagen nahezu unertraeglich.
Und Gudrun stellte dann auch fest: Muttermund bei 8cm, jetzt kriegen wir das Baby! (Immerhin zeigte das CTG die ganze Zeit, dass es dem Kleinen hervorragend ging)

Tja, Pustekuchen. Es blieb bei diesen 8cm unter den Wehen, in den Wehenpausen stand nur noch der Muttermundsaum. Gudrun versuchte alles, um waehrend der Wehen den Rest irgendwie noch wegzumassieren und das ganze durch Lagewechsel meinerseits voranzubringen. Waehrend ich bis dahin alles noch irgendwie ertraeglich fand, waren das jetzt Schmerzen, die kaum auszuhalten waren. Das war einem ja auch so angekuendigt worden: Die Uebergangsphase ist am schlimmsten. Nur dass meine Uebergangsphase stundenlang andauerte. Ich konnte nur noch Schreien vor Schmerzen (toenen konnte man das nicht mehr nennen) und in den Wehenpausen beruhigend meinen Mann anlaecheln, der hilflos danebensass und so gar nichts tun konnte und meine Schreierei ertragen musste.

Ich dachte aber immer noch, irgendwann wuerde es nun mal losgehen mit der Presserei.

Es war dann aber so gegen 10 oder halb 11, also Gudrun kam und meinte, das haette keinen Sinn. Geburtsstillstand. Wir haetten alles versucht, aber das wuerde so nix.
Also Krankenhaus, und dort wuerde man es erstmal nochmal mit PDA versuchen und wenn das auch nichts braechte, wuerde es wohl auf einen Kaiserschnitt herauslaufen.
Nach dieser Information war es dann auch vorbei mit meinem Durchhaltevermoegen, ich wollte nur noch moeglichst SOFORT in dieses Krankenhaus und eine PDA haben, damit die Schmerzen endlich wegwaeren. Oder wenigstens kurz aufhoerten. Bis dahin hatte ich das Gefuehl, irgendwie alles halbwegs unter Kontrolle zu haben und das alles ertragen zu koennen, aber der REst lief nun nur noch wie ein Film ab.

Fahrt zum Krankenhaus (gottseidank bekam ich von Gudrun so ein Wehenhemmer-zeug, sonst waere ich auf der Fahrt schon durchgedreht), dort nochmal Untersuchung, die nochmal zeigte, dass einer spontanen Geburt _eigentlich_ nichts im Wege zu stehen schien.
Lustig: Ich kam da mit 3 eigenen Hebammen im Schlepptau an, weil sich auch noch Maja dazugesellt hatte, da die beiden anderen ja auch mal irgendwann Feierabend machen wollten.
Ich bekam nen Wehentropf und bettelte um Schmerzmittel bis die PDA kommt. Ich bekam auch ein Schmerzmittel, hatte aber nicht den Eindruck, dass das irgendwie half. Ich musste ja die Wehen dort auch im Liegen ertragen. Agonie pur.
Die PDA liess noch eine ganze Stunde auf sich warten, es musste ja erst das Blut auf Gerinnungshemmer oder so was untersucht werden. Ich weiss nicht mehr, wie ich diese Stunde verbracht habe. Irgendwann kam dann die PDA. Und half nichts. Jedenfalls spuerte ich eigentlich noch alles.

Und dann gegen 14.30 oder so kam dann auch der Krankenhaus-Arzt zu der Ueberzeugung: das wird so tatsaechlich nix, so langsam geht es dem Kind nicht mehr so richtig gut, wir muessen nen Kaiserschnitt machen.
Zu dem Zeitpunkt war mir das dann auch alles egal, ausserdem sehe ich das eh pragmatisch: Wenns nicht anders geht, dann geht's eben nicht anders.
Immerhin meinten Maria und Gudrun unisono, ich waere verdammt tapfer gewesen, wir haetten wirklich alles versucht und mit den meisten anderen Frauen haetten sie schon stundenlang vorher ins Krankenhaus fahren muessen. Nur - was nuetzte mir diese Information?

Und mein armer Liebster war die ganze Zeit dabei und tat mir so leid. Muss schrecklich sein, so untaetig ueber Stunden danebensitzen zu muessen. Fuer mich war es aber eine wirkliche Stuetze. Schon allein die Kleinigkeiten, wie immer wieder Wasser nachzureichen, machen unwahrscheinlich was aus.

Dann umbetten, ab in den OP. Hier wurde dann versucht, die PDA hochzudrehen fuer die OP. Ging nich. Wie sich herausstellte, lag die falsch.
War ja die ganze Zeit mein Reden, aber keiner glaubte mir...
Ich hatte nun die Wahl zwischen Vollnarkose und Spinalanaesthesie und entschied mich fuer Spinal. und endlich, endlich waren die Schmerzen weg.
Dann lag ich da, auf dem Ruecken und festgeschnallt auf diesem OP-Tisch, mein Liebster am Kopfende, es ruckelte und zuckelte und irgendwann zeigte man mir ein kleines blaues Buendel "hier ist ihr Sohn" und brachte es auch gleich weg.
Das war dann der Zeitpunkt, wo ich meine Traenen nicht mehr zurueckhalten konnte.
Es war der 16.02.1010, 15:40Uhr.

Und dann wieder: Warten. Normalerweise haette man den Kleinen gleich wieder reinbringen sollen. Das passierte aber nicht. Irgendetwas stimmte nicht und keiner wusste genau, was. Und ich lag da und konnte mich nicht ruehren, und mein Liebster durfte auch nicht gucken gehen...
Es stellte sich heraus, dass der Kleine "respiratorische Anpassungsschwierigkeiten" hatte, also nicht richtig atmete, und erstmal beatmet werden musste und dann mit einer Atemhilfe in den Brutkasten kam. Irgendwelche Aerzte und Schwestern erzaehlten mir irgendwas, auch, dass er irgendwelche Entzuendungszeichen im Blut haette etc (was sich hinterher als Fehlalarm herausstellte), und fuer mich war das immer noch alles wie ein Film, ich konnte die Informationen gar nicht aufnehmen und war voellig durch den Wind.

Wenigstens durfte sich mein Liebster dann zwischendurch den Kleinen mal anschauen gehen und konnte mir verkuenden, dass er sehr huebsch ist, 4040g wiegt und 57cm gross ist. :)

Und dann, irgendwann, ich bekomme gar nicht mehr richtig zusammen, ob ich vorher schon auf meinem Zimmer war oder nicht, wurde ich endlich mit meinem Bett in die Neonatologie geschoben und durfte meinen Sohn das erste mal in den Arm nehmen.
Ich kann das Gefuehl nicht beschreiben - es war wahnsinnig schoen diesen kleinen warmen weichen Koerper zu halten. Und es war gleichzeitig so schrecklich, ihn so zu sehen, mit den ganzen Kabeln und Schlaeuchen und der Atemhilfe (obwohl das alles martialischer aussah, als es eigentlich war), und sich selber dank frischer Schnittwunde und noch wirkender Spinalanaesthesie von der Brust abwaerts nicht bewegen zu koennen.

Aber - es war vorbei. Wir hatte es geschafft. Nico war da, ich war Mama - wir sind eine kleine Familie :)


... Nico im Brutkasten. Am naechsten Tag konnte die Atemhilfe zum Glueck schon entfernt werden.

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frau bluemel, Donnerstag, 15. Juli 2010, 00:11
Vieles davon kommt mir - leider - sehr bekannt vor. Das Wichtigste: es ist vorbei und unsere kleinen Menschen entwickeln sich prächtig!

Drück dich, bis bald, ja?